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Standpunkt | Globale Gesundheitsbedrohungen brauchen eine gestärkte WHO

Anette Christ ist Wissenschaftlerin im Bereich Öffentliche Gesundheit beim Gesunde-Städte-Netzwerk Deutschland der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Kerstin Leitner ist DGVN-Präsidiumsmitglied und ehemalige Beigeordnete Generaldirektorin der WHO in Genf. Sie fordern schnelle und innovative multilaterale Aktionen, um die COVID-19-Pandemie einzudämmen.

Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Die COVID-19-Pandemie verändert sich. Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization – WHO) die Pandemie noch nicht für beendet erklärt hat, empfiehlt sie den Mitgliedstaaten inzwischen den Übergang zu nationalen epidemischen Maßnahmen. Welche Rolle kann und muss die WHO nun global spielen?  

  • Bisher beschränkt sich die öffentlich erkennbare Kommunikation der WHO darauf, Maßnahmen in einzelnen Staaten zu benennen. Stattdessen sollte sie einen Katalog über die effektivsten Maßnahmen erarbeiten, damit die Gesundheitsbehörden in den Mitgliedsländern daraus die für sie am besten geeigneten anwenden können. 
  •  Im Interesse einer internationalen Impfkampagne unterstützte die WHO die Forderung nach einem Verzicht auf bestimmte handelsbezogene Aspekte des entsprechenden Übereinkommens über die Rechte des geistigen Eigentums (Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights – TRIPS) für die Patente der entwickelten COVID-19-Impfstoffe (TRIPS Waiver). Der Widerspruch der Europäischen Union (EU), insbesondere Deutschlands, verhinderte diesen bisher. Damit sind der dezentralen weltweiten Herstellung von Impfstoffen enge Grenzen gesetzt. Nach wie vor ist es wichtig, eine konzertierte multilaterale Aktion zwischen Weltbank, WHO und den impfstoffproduzierenden Staaten herbeizuführen und damit nationale Impfdiplomatie zu ersetzen.
  • Es gibt zwar die internationalen Gesundheits­regeln (International Health Regulations – IHR), aber keine Durchsetzungsmechanismen. Deshalb beschloss eine Sondersitzung der Weltgesundheitsversammlung (World Health Assembly – WHA) Ende des Jahres 2021 einstimmig, eine entsprechende Konvention auf den Weg zu bringen.
  • Um bestehende Schwächen zu überwinden, verändert die WHO ihr globales Überwachungssystem. Sie eröffnete ein Büro in Berlin, das – unterstützt mit 100 Millionen Euro von der Bundesregierung – weltweite Informationen für alle Mitgliedstaaten sammeln soll, damit diese dann entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen können. Der Schwachpunkt des globalen WHO-Überwachungssystems ist allerdings, dass es nationalstaatlich basiert ist. Pandemische Notlagen machen jedoch nicht an nationalen Grenzen halt. Daher sollte ein demografiebasiertes globales Überwachungssystem dem bestehenden zur Seite gestellt werden. Ein virtuelles Netz mit Einheiten von jeweils 50 Millionen Menschen könnte so weltumspannend öffentlichen Zugang zu gesundheitsrelevanter Information geben.
  • Der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fund – IMF) sollte bei der Überprüfung von Staatsbudgets darauf achten, dass diese für das Gesundheitswesen ausreichend sind. Dies ist ein innovativer Ansatz, das öffentliche Gesundheitswesen zu schützen und zu stärken. Ebenso würde die Erhöhung der ungebundenen Mittel im WHO-Haushalt, wie sie zurzeit diskutiert wird, den Spielraum und die Autorität der Organisation stärken.

Ende März 2022 hat die WHO eine globale Strategie vorgelegt, die, falls auf nationaler, regionaler und globaler Ebene umgesetzt, zu einem Ende der akuten Pandemie führen soll. Ob die WHO die Pandemie Anfang des Jahres 2023 für beendet erklären kann, wird sich zeigen.

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