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Menschenrechte in der Defensive

70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – das sollte eigentlich ein Grund zum Feiern sein. Allerdings stellen neben nichtstaatlichen Gewaltakteuren und autoritären Regimen mittlerweile auch einige populistische Regierungen in Europa die Menschenrechte infrage.

Dies ist Ausdruck eines seit Längerem bestehenden Trends: Seit nunmehr zwölf Jahren, so stellt die nichtstaatliche Organisation ›Freedom House‹ fest, gibt es einen sukzessiven weltweiten Rückgang demokratischer und menschenrechtlicher Standards. Infolgedessen leben nur noch 39 Prozent der Weltbevölkerung in ›freien‹ Gesellschaften, während 37 Prozent in ›unfreien‹ und 24 Prozent der Weltbevölkerung in ›eingeschränkt freien‹ Staaten leben. Dies ist ein gefährlicher Trend, den auch die Autorinnen und Autoren in dieser Ausgabe attestieren. Dennoch: Die Idee der Menschenrechte und ihre Erklärung sind seit 70 Jahren in der Welt und eine wichtige Referenz für alle Menschen.

Barbara Lochbihler betont, dass die Fortschritte der vergangenen 70 Jahre trotz erschwerter Rahmenbedingungen für die Menschenrechtsarbeit nicht aus dem Blick geraten sollten. Neue Herausforderungen für die Menschenrechte durch die Digitalisierung bewertet Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland in der Rubrik ›Drei Fragen an‹. Der ehemalige Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Ra’ad Al-Hussein betont im Interview die Notwendigkeit, Menschenrechtsverletzungen zu benennen und zu kritisieren. Simon Schulze untersucht die Rolle der indischen Delegierten Hansa Mehta bei der Mitformulierung der Erklärung in den Jahren 1947/1948 und widerspricht der allgemeinen Auffassung, dass sie eine antikoloniale Menschenrechtspolitik betrieben habe. In ihrem Standpunkt kritisiert Jennifer Norris, dass der UN-Generalsekretär die Menschenrechte bislang nicht ausdrücklich in seine Reformagenda integriert hat. Ivan Šimonović vergleicht in seinem Beitrag das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) mit Prometheus und sucht dessen möglichen ›Herkules‹. Im Reformprozess der Menschenrechtsvertragsorgane offenbart sich eine gefährliche Kluft zwischen Staaten in der Generalversammlung und Ausschussmitgliedern mit zivilgesellschaftlichen Akteuren in Genf, die Nina Reiners analysiert.

Zum Heft 6/2018

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