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Das Friedensprojekt von Versailles

Die Gründung des Völkerbunds vor 100 Jahren war ein wegweisendes historisches Ereignis. Während der Erste Weltkrieg als die ›Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts‹ gilt, kann der Völkerbund durchaus als institutioneller ›Glücksfall des 20. Jahrhunderts‹ bezeichnet werden.

Trotz seiner gravierenden Schwächen und seines Scheiterns war er der Beweis dafür, dass eine institutionell abgesicherte internationale Friedensordnung überhaupt möglich war. Mit der Völkerbundsatzung schufen die Staaten erstmals eine Art ›Verfassung für die Welt‹. Seiner Gründung vorausgegangen waren die Schrecken und Millionen Tote des Ersten Weltkriegs, die die Umsetzung einer dauerhaften Friedensordnung zwingend erforderlich machten. Die Erfahrungen aus dem Völkerbund zeigen eines: Die internationale Ordnung ist äußerst zerbrechlich und muss immer wieder erkämpft werden. Diese Erfahrungen machen die UN heute mehr denn je. Der Frage, warum dieses erste Experiment einer großen internationalen Organisation scheiterte und welche Lehren die Vereinten Nationen daraus zogen, gehen die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe nach.

Matthias Schulz betrachtet den Völkerbund als einen wichtigen Beitrag, um für einen gewaltfreien Umgang unter den Mitgliedstaaten zu sorgen und damit künftige Weltkriege zu verhindern. Trotz seines Scheiterns wird deutlich, dass der Bund seiner Zeit weit voraus war. Viele Ideen haben die Vereinten Nationen übernommen, so Blandine Blukacz-Louisfert, Leiterin der Abteilung Institutionelles Gedächtnis in der UN-Bibliothek in Genf, in der Rubrik ›Drei Fragen an‹. Als auf der Pariser Friedenskonferenz im Jahr 1919 über die Gründung eines Völkerbunds verhandelt wurde, blieb die deutsche Demokratie ausgeschlossen. Joachim Wintzer erläutert, dass sie damit in eine paradoxe Situation kam: Einerseits war die Weimarer Republik Mitbegründerin des Völkerbunds, gleichzeitig war sie bis zum Jahr 1926 noch kein Mitglied. Der Austritt des Deutschen Reiches unter den Nationalsozialisten erfolgte bereits sieben Jahre später. Dass der zweite Generalsekretär des Völkerbunds, der Franzose Joseph Avenol, zuweilen mit dem nationalsozialistischen Deutschland sympathisierte, war für die noch junge Organisation äußerst schädlich. Avenol hat damit dem Völkerbund seine politische und moralische Autorität entzogen, argumentiert Bob Reinalda.

Zum Heft VN 6/2019

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