»Keiner von uns wird intolerant gegenüber denen, die sich von uns unterscheiden, geboren. Intoleranz wird gelehrt und kann auch wieder aktiv verlernt werden – wenn auch oft nur unter großen Schwierigkeiten.« So Generalsekretär Kofi Annan Ende November letzten Jahres bei der Entgegennahme des ›Stephen-P.-Duggan-Preises für internationale Verständigung‹ des Instituts für internationale Erziehung in New York. Kurz zuvor hatte die Generalversammlung zum Abschluß des ›Jahres des Dialogs zwischen den Kulturen‹ 2001 mit ihrer Resolution 56/6 ihre ›Globale Agenda für den Dialog zwischen den Kulturen‹ verabschiedet. In ihr werden unter anderem die Ziele der »Herbeiführung eines besseren Verständnisses der gemeinsamen ethischen Normen und allgemeingültigen menschlichen Werte« und die »Stärkung der Achtung der kulturellen Vielfalt und des kulturellen Erbes« aufgestellt. Den Zusammenhang zwischen einer Erziehung zur Toleranz und der Gewährleistung friedlicher Verhältnisse hatte schon die UNESCO 1945 in ihrer Verfassung verdeutlicht, in der es eingangs heißt: »Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muß auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.« Gegenseitiges Verstehen gilt es allerdings nicht nur zwischen den Völkern herzustellen, sondern auch innerhalb eines Staates zwischen Gruppen unterschiedlicher Orientierung oder Herkunft. Eine Erwartung an das Bildungswesen ist damit die Schaffung sozialer Kohäsion. Das traditionelle Interesse an der Mathematik, den Naturwissenschaften wie den Sprachen bleibt bestehen und gewinnt, wie unlängst die Diskussion in Deutschland über den Leistungsstand deutscher Schüler im internationalen Vergleich gezeigt hat, sogar neue Aktualität. Doch neben der Wissensvermittlung liegt heute das Hauptaugenmerk auf der staatsbürgerlichen Funktion der Bildung, auf dem Beitrag des Schulwesens zum gesellschaftlichen Zusammenhalt – und damit zu den Grundlagen einer stabilen Demokratie. Allerdings bieten die Mandate der internationalen Organisationen, ja sogar der nationalen Regierungen – jedenfalls in den föderal verfaßten Staaten – kaum eine Handhabe, sich im einzelnen mit der Bildungspolitik zu befassen. Denn Bildung und Erziehung werden meist der lokalen oder regionalen Kultur zugerechnet und unterliegen weithin der Bestimmung durch örtliche Träger und Aufsichtsgremien.