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Gerechter Frieden für einen ungerechten Krieg in der Ukraine

Mona Khalil war unter anderem Rechtsberaterin bei den UN und ist Direktorin von MAK LAW INTERNATIONAL, einem Beratungsunternehmen für Regierungen und internationale Organisationen. Sie schlägt mehrere Elemente eines möglichen Friedensplans zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vor.

UN-Generalsekretär António Guterres (links) traf sich im August 2022 mit Wolodymyr Selenskyj, dem Präsidenten der Ukraine, in Lviv. Auf Einladung von Präsident Selenskyj war der Generalsekretär zu einem trilateralen Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan und dem ukrainischen Staatsoberhaupt gereist. UN Photo: Mark Garten

Die fehlende Rechenschaftspflicht für den Einmarsch der USA und des Vereinigten Königreichs nach dem Irak-Krieg im Jahr 2003 und die Invasion der Krim durch Russland im Jahr 2014 könnten Präsident Wladimir Putin veranlasst haben, im Jahr 2022 erneut in die Ukraine einzumarschieren.1 Beide Fälle verstoßen gegen das in der UN-Charta verankerte allgemeine Gewaltverbot. Aufgrund seiner politischen Blockade ist der UN-Sicherheitsrat kein geeignetes Gremium, um den Angriff auf die Ukraine zu bearbeiten. Dagegen ist die 11. Notstandssondertagung der Generalversammlung zur ›Aggression gegen die Ukraine‹ bereits zweimal zusammengetreten und könnte erneut zusammenkommen, wie erstmals im Jahr 1950, als die Resolution ›Vereint für den Frieden‹ als Reaktion auf die Situation auf der koreanischen Halbinsel verabschiedet wurde.

In ihren Resolutionen ES11/1 und ES11/2 hatte die Generalversammlung ihr Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine bekräftigt, den russischen Angriff auf das Land verurteilt und einen bedingungslosen Rückzug der russischen Streitkräfte gefordert. Sie bekräftigen auch das allgemeine Verbot der Aneignung von Territorium durch Gewaltanwendung. Folglich sollten diejenigen, die für die Abtretung von Teilgebieten der Ukraine an Russland als legitimes Verhandlungsmittel für den Frieden plädieren, bedenken, dass der Gebietserwerb durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt illegal ist. Legitime Komponenten eines Friedensplans für die Ukraine könnten sein:

  • Eine UN-Friedensmission zur Überwachung des Waffenstillstands und des russischen Truppenabzugs;
  • eine Kommission zur Wiedergutmachung, ähnlich der Entschädigungskommission der Vereinten Nationen (United Nations Compensation Commission – UNCC) bezüglich der irakischen Intervention gegen Kuwait, um die Verluste unter der Zivilbevölkerung und die Schäden an zivilem Eigentum zu beheben;
  • ein Mechanismus zur Aufarbeitung aller Verbrechen, die vor Februar 2022 von einer der beiden Seiten in der Donbass-Region begangen wurden; für die Kriegsverbrechen, die von der russischen Armee in der Ukraine seit dem Angriff im Februar 2022 begangen wurden sowie für alle Kriegsverbrechen, die von ukrainischen Streitkräften an russischen Kriegsgefangenen begangen wurden; und
  • ein international überwachtes Referendum über die Selbstbestimmung der Krim und des Donbass.


Diese und weitere Elemente eines Friedensplans müssen dem Sicherheitsrat und/oder der Generalversammlung vom UN-Generalsekretär vorgelegt werden. Die langjährige Praxis der Generalversammlung unterstreicht die Robustheit ihrer Teilbefugnis für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit im Rahmen der ›Vereint für den Frieden‹-Resolution, einschließlich der Maßnahmen gegen die ständigen Sicherheitsratsmitglieder.

Unter dem Leitmotiv ›Vereint für den Frieden‹ kann die 11. Notstandssondertagung Maßnahmen zur Abwehr der russischen Angriffe empfehlen, darunter die Aufforderung an die UN-Mitgliedstaaten, der Ukraine bei der Verteidigung ihres Territoriums militärische und andere Hilfe zu leisten. Die Generalversammlung hat den ungerechten Krieg in der Ukraine verurteilt; nun kann sie den Weg zu einem gerechten Frieden ebnen.