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Endspurt zur Gleichberechtigung

Bettina Metz ist Geschäftsführerin bei UN Women Nationales Komitee Deutschland e.V. 25 Jahre nach der Erklärung und Aktionsplattform von Beijing gibt es immer noch viel zu tun. Frauen und Mädchen brauchen eine Stimme bei allen Entscheidungen.

Gruppenfoto der Teilnehmerinnen vor dem Podium in der Halle der Generalversammlung.
Teilnehmerinnen der 64. Tagung der Kommission für die Rechtsstellung der Frau (CSW) im März 2020 in New York. Die Mitgliedstaaten verabschiedeten eine politische Erklärung, in der sie sich verpflichteten, ihre Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der vor 25 Jahren verabschiedeten Erklärung und Aktionsplattform von Beijing zur Gleichstellung der Geschlechter zu verstärken. UN Photo: Loey Felipe

Dieses Jahr ist ein wichtiges Jahr für die Gleichstellung der Geschlechter. Vor 25 Jahren verabschiedete die vierte Weltfrauenkonferenz die Erklärung und die Aktionsplattform von Beijing. In diesen Abkommen definierte sie strategische Ziele, um die Gleichstellung der Frau zu befördern. Seit nunmehr zehn Jahren setzt sich UN Women für die Gleichstellung der Geschlechter ein.

Auch 25 Jahre nach der Weltfrauenkonferenz hat kein Land der Welt die Gleichstellung der Geschlechter erreicht. Stattdessen kämpfen Frauen weltweit gegen Rückschritte. So planen die Türkei und Polen aktuell, aus dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) auszutreten. Sechs Staaten der Europäischen Union (EU), darunter Ungarn, haben das Übereinkommen nach wie vor nicht ratifiziert. Diese Rückschritte müssen aufgehalten werden. Dabei gibt es drei wichtige Zielvorgaben:

  1. Gewalt gegen Frauen beenden: Geschlechtsspezifische Gewalt ist die größte Pandemie der Welt und verhindert die Emanzipation von Frauen. Im Jahr 2019 war weltweit jede fünfte junge Frau im Alter von 20 bis 24 Jahren bereits als Kind zwangsverheiratet. Mindestens 200 Mil­lionen Frauen und Mädchen in 30 Staaten haben Genitalverstümmelung erlitten. Viele Frauen sind so ihr Leben lang körperlich und seelisch beeinträchtigt. 
  2. Wirtschaftliche Partizipation: Frauen haben noch immer keinen gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt. Durchschnittlich leisten sie dreimal so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer, verdienen global jedoch 23 Prozent weniger und sind diskriminierenden Stereotypen ausgesetzt. Dadurch sind sie oft wirtschaftlich abhängig von Männern und eher Armut sowie häuslicher Gewalt ausgesetzt. 
  3. Politische Partizipation: Weltweit beträgt der Frauenanteil in nationalen Parlamenten lediglich 23,7 Prozent. Dabei tragen insbesondere Frauen in Führungspositionen dazu bei, geschlechtergerechte Entscheidungen zu treffen und Friedensprozesse zu unterstützen. 

Die drei Zielvorgaben bedingen sich somit gegenseitig, sie müssen mit konkreten Maßnahmen besser umgesetzt werden. Die COVID-19-Pandemie verschärft bereits bestehende Ungleichheiten und wird langfristige soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben, unter denen insbesondere Frauen leiden. 

Auch Deutschland wird den gesteckten Zielen nicht gerecht. Obwohl die Bundesregierung sich verpflichtet hat, die Aktionsplattform von Beijing umzusetzen, gibt es nach wie vor keinen deutschen nationalen Aktionsplan mit verbindlichen Zielen und Ressourcen. Die Erklärung bekannt zu machen und zu finanzieren, reicht nicht aus. 
Mit einem Blick in die Zukunft verabschiedeten die Vereinten Nationen im Jahr 2015 die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) und bestätigten damit die Aktionsplattform von Beijing. Die Gleichstellung der Geschlechter ist der Schlüssel, um alle 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) erreichen zu können. Regierungen müssen sich daher stärker an diesen Zielen orientieren und sich ihrer Vernetzung bewusst werden.

Zum Jubiläumsjahr 2020 organisiert UN Women die Kampagne ›Generation Gleichberechtigung: Frauenrechte verwirklichen – für eine gleichberechtigte Zukunft‹ (#GenerationEquality), um die Gleichstellung der Geschlechter in den nächsten fünf Jahren zu forcieren. Unterstützt wird diese Initiative durch sechs Aktionsbündnisse. Deutschland übernimmt im Bündnis ›Wirtschaftliche Gerechtigkeit und Rechte‹ eine führende Rolle. Zusammen mit weiteren Staaten, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen hat die Bundesregierung so die Möglichkeit, Gleichstellung maßgeblich voranzutreiben. Diese Chance muss sie nutzen.
 

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