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Die Rolle der Vereinten Notionen bei der Beilegung von internationalen Krisen Fünf Fallstudien

Dag Hammarskjöld, der zweite Generalsekretär der Vereinten Nationen, wurde einmal gefragt, was er als seine schwierigste Aufgabe ansähe. Eine sehr schwierige Aufgabe sei es, gab er zur Antwort, den politischen Wert der Weltorganisation sichtbar und weltweit verständlich zu machen. Was meinte der erfahrene Generalsekretär? Hammarskjöld wusste natürlich, dass die sogenannten nicht- oder unpolitischen Tätigkeiten der Vereinten Nationen wie Entkolonisierung, Durchsetzung der Menschenrechte, Entwicklungshilfe, Weltraum- und Meeresbodenprobleme, Umweltschutz und viele andere Gebiete in eingeschränkter Weise ebenfalls politische Bedeutung haben. Auch machen sie mehr als vier Fünftel aller Tätigkeiten der Vereinten Nationen aus und beanspruchen im gleichen Verhältnis das Personal. Dennoch kann und soll nicht beiseite geschoben werden, dass es nach der Charta der Vereinten Nationen und ihren Zielen noch immer die herausragendste Aufgabe der Weltorganisation ist, stets alle Anstrengungen zu machen, nichts unversucht zu lassen, um »künftige Geschlechter vor der Geissel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat«. Diese vornehmste Aufgabe der Vereinten Nationen ist eine politische. Nun gilt die Kritik der Weltöffentlichkeit weitgehend dem ›Versagen‹ oder doch wenigstens der nicht zu bestreitenden Unzulänglichkeit des politischen Wirkens der Vereinten Nationen. Dennoch, und das ist wichtig zu erkennen, halten die Staaten, die ja als Mitglieder diese Weltgemeinschaft darstellen, gerade auch aus politischen Gründen an ihr fest, häufig mit der Absicht, sie als Mittel (oder als ein Mittel) der Weltpolitik zu benutzen. Die Weltorganisation muss also doch irgendwo einen ausreichenden politischen Wert und Anteil an den Regelungen der Weltpolitik haben. Hammarskjöld meinte aber noch etwas Besonderes. In politischen Angelegenheiten der Welt sind die Vereinten Nationen bisweilen ausgeschlossen, etwa im Vietnam-Krieg (weil kein Staat den Konflikt vor die UNO bringen wollte), manchmal aber sind sie voll eingeschaltet wie im Korea-Krieg 1950/53, im Suez-Krieg 1956, im Kongo 1960/64, auf Zypern seit 1963. Hier hat sich die UNO an der Regelung der Streitfälle beteiligt. Die politische Bewertung der UNO ergibt sich aus der Antwort auf die Frage, in welchem Umfang, in welchem Ausmaß hatte sie Anteil, welche Verdienste kommen ihr bei der Streitschlichtung zu? Würden diese Streitfälle nicht auch ohne die UNO geschlichtet worden sein? Im Suez-Krieg 1956 zögerten die Invasoren Frankreich, England und Israel, das überfallene Ägypten wieder zu räumen, wie es die Beschlüsse der Generalversammlung, von den USA und der Sowjetunion gemeinsam unterstützt, vorsahen. Da kam die Drohung Chruschtschows, Raketen einzusetzen, und die Frage ist berechtigt, ob diese Raketendrohung oder der sich verstärkende Druck der in der Generalversammlung vertretenen Weltgemeinschaft schließlich den Rückzug der Invasoren erzwang. Dem Anteil der Weltorganisation bei Lösungen von politischen Konflikten galt die sorgende Überlegung Hammarskjölds. Natürlich nicht, um der UNO um ihrer Selbstwillen Anerkennung zu verschaffen, sondern um der Weltöffentlichkeit die Nützlichkeit der Vereinten Nationen bei der Lösung von Konflikten aufzuzeigen, wo andere Mittel nicht den gleichen Erfolg hätten erbringen können, was im Ergebnis zu einer Stärkung der UNO im Sinne einer besseren Friedenswahrung führen müsste. - Der folgende Beitrag untersucht in diesem Sinne an fünf Fällen, ob und welchen Anteil die UNO an der Lösung von internationalen friedensbedrohenden Streitfällen haben kann.

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